01 Mar Markt & Wirtschaft
Die Medien-Managerin
UTE SHAW. Ihre Welt sind die Medien, und da kennt sie fast jeden Prominenten. Ihr Zuhause ist Köln ebenso wie Vancouver in Kanada – eine Wanderin zwischen den Kontinenten. Ute Shaw ist Show-Producerin und Künstler-Managerin.
„Was brauchen Sie?”, fragt sie zu Beginn des Interviews und beißt vergnügt in einen McRib: „Die taffe Business-Frau, die verrückte Shownudel oder die Mutter Theresa?” Ihr Angebot in Ehren, aber die Auswahl existiert praktisch nicht. Denn in erster Linie sitzt die Business-Frau im Interview, wache Augen im schmalen, fein geschnittenen Gesicht, und sie trägt das, was Business-Frauen heutzutage am liebsten am Leibe haben: diese nach fast nichts aussehenden, teuren Understatement-Klamotten aus der Designer-Werkstatt. Da schafft es auch der McRib nicht, einen Hauch von Boheme hineinzubringen: Der wirkt praktischerweise nur deshalb mit, weil das Gespräch zur Mittagszeit stattfindet und sie so das Notwendige mit dem Nützlichen verbinden kann. Der Interviewer bekommt auch gleich einen. “Nicht ausschließlich meine Art, mich zu ernähren”, stellt sie richtig.
Ute Shaw hat einen Lebenslauf dabei, um dem Gespräch den Faden zu geben. Der ist für Amerikaner geschrieben, heißt deshalb Resume” und führt eine Reihe von Berufen auf, an die sich der ehrbare Kaufmann deutscher Zunge erst gewöhnen muß: Assistant Manager, Associate Producer, Star Stringer, Executive Produ-cer und Consultant. Dahinter verbergen sich fast zwanzig Jahre Erfahrung in einer Branche, der man zwar gemeinhin Wachstum und Zukunft bescheinigt, die jedoch durch die Bank als schnellebig, windig und chaotisch gilt: die Medien.
Ute Shaw geht mit der Medienbranche so cool um, wie das die Profis in jedem Metier machen. Da ist kein Platz für Glamour, und wenn Fotos von Stars und Prominenten gemacht werden, geht sie immer drei Schritte zur Seite. Wer den Drang hat, vor der Kamera zu stehen, der ist als Manager am falschen Platz.” Sich nicht verlocken zu lassen, ist zweifellos ihr Erfolgsgeheimnis – und das ist für jemanden, der täglich mit Fernseh-Prominenz zu tun hat, gar nicht so einfach.
Heute ist sie überwiegend Künstler-Managerin. Sie berät und betreut Schauspieler und Showstars, verhandelt Verträge für sie, plaziert sie bei Sendeanstalten und sorgt dafür, daß sie in der Szene und in der Öffentlichkeit präsent sind. Auf ihrer Liste stehen der Komiker-Altmeister Karl Dali, der Kabarettist Jochen Busse, der Moderator Elmar Hörig, Anke Engelke (SAT.i Wochenshow), Mark Weigel (RTL Samstag Nacht), der Schauspieler Leonard Mader (“Das Amt”), Kalle Pohl (“Sieben Tage, sieben Köpfe”) und der MTV-Moderator Ingo Schmoll.
Da war sie 19 Jahre jung, hatte Gymnasium und Handelsschule in Leverkusen hinter sich und heuerte als PR-As-sistentin bei der Kölner Agentur „Showbiz” von Walther Kahl an. „Dem Walther hab’ ich viel zu verdanken”, sagt sie heute, „der hat mir alles zugetraut und mich einfach machen lassen.” Sie schmiß das Büro, begleitete Künstler zu TV-Auf-tritten, sorgte dafür, daß sie ihre Honorare bekamen, und war praktisch Mädchen für alles. „Zum Schluß hatte ich meine eigenen Management-Künstler.”
Die Branche sollte sie nicht mehr loslassen. In späteren Jahren organisierte sie Filmpremieren in Deutschland, engagierte Prominente zur Verschönerung von Gala-Veranstaltungen für die Industrie und ging mit den Pianisten Marek und Vacek in Polen auf Tournee.

Gut Lachen haben die erfolgreiche SAT. 1i Wochenshow-Moderatorin Anke Engelke (links) und ihre Managerin Ute Shaw
Und dann wurde ich schwanger.” Ihren Mann, einen Kanadier, lernte sie in Köln kennen, und dann ging es “Zack-Zack.” Seitdem trägt die gebürtige Düs-seldorferm mit Mädchennamen Behrendt den Namen Shaw – und seitdem hat sie ihre Leidenschaft für Kanada. Allerdings: “Zwei Wochen nach der Geburt ging es weiter, und Julia war immer dabei.” Sie hatte kurzerhand im Büro einen Laufstall aufgestellt.
Irgendwann lernte sie dann den Komiker Karl Dall kennen, und das war der Anfang einer langen Freundschaft. Als Redakteurin managte sie die Talkshow “Dall-As”, die von Mai 1989 bis Dezember 1991 im Samstagabend-Programm von RTL lief. “Ich habe da praktisch alles gemacht, von der Organisation bis zum letzten Scheck.” Und außerdem die Redaktion: Hunderte von Prominenten pro Jahr anfragen, mit hundert von ihnen Verträge als Talk-Gäste schließen, ihre Themen festlegen und sie vor die Kamera bringen war das normale Pensum. Als dann 1992 Karl Dali mit Jux & Dallerei” zu SAT.i ging, war sie seine Producerin. Das war der berühmte “10-Millionen-Deal”, erinnert sie sich.
Das Ende von “Jux & Dallerei” zum Jahresende 1994 war für sie der Anlaß zu einem Schnitt: Sie wollte nach Kanada übersiedeln – genauer: nach Vancouver an der Westküste. Sie wollte raus aus der heimischen Region, Mann und Kind zuliebe, aber auch wegen Natur und Life-style dort “jenseits aller Vorstellungen, die man hier in Deutschland hat.”
Aber diese Pläne zerschlugen sich, denn jetzt boomte das Geschäft erst recht. Sie beschaffte die Stars für Linda de Mols „Surprise Show”. Das war die legendäre RTL-Sendung, die ganz normalen Menschen das Zusammentreffen mit deutschen und internationalen Stars und Prominenten ermöglichte. „Sogar den Papst konnte ich zu einer Audienz für einen Zuschauer gewinnen.” Sie wirkte an verantwortlicher Stelle mit, als die Comedy-Serie „Sieben Tage – sieben Köpfe” aus der Taufe gehoben wurde. Befriedigt stellt sie fest: „Bis heute ist alles so geblieben, wie wir das damals geplant haben.”
Ihr großes Ding war jedoch die Mitwirkung an „RTL Samstag Nacht”: Für diese Erfolgssendung, die von 1993 bis 1998 lief, hat sie von Anfang an die Stargäste gesucht, sie unter Vertrag genommen und während der Sendung betreut. Und als wäre das alles noch nicht genug, baute sie 1996 für die kanadische Produktionsfirma „Pram” ein Produktionsteam mit 20 festen Mitarbeitern in Köln auf, das unter ihrer Leitung über ein Jahr lang die Sendung „April April” mit Frank Elstner produzierte – eine Art Gegenstück zur „Versteckten Kamera”.
Ganz nebenbei ergab sich aus der Fernseh-Arbeit ihr heutiger Haupt-Job, nämlich das Management von Künstlern. Karl Dall war vor zehn Jahren der erste; die anderen folgten im Laufe der Zeit – getreu ihrer Maxime „Ich hab’ immer ganz gern ein zweites Bein.” Sie arbeitet mit der Berliner Schauspiel-Agentur Uschi Drews zusammen.
(„weil ich für meine paar Künstler ja keinen eigenen Katalog machen kann”) und hat seit einem Jahr auch ein Büro in München.
Kanada hat sie jedoch darüber nicht vergessen: „Seit fünf Jahren führe ich zwei Leben: In Deutschland als Single und Business-Frau, in Vancouver als Familienmensch.” Gut zehnmal im Jahr ist sie für zwei Wochen drüben, steht dort um fünf Uhr morgens auf und macht mit Telefon, Fax und E-Mail ihren Job in Deutschland bis neun. „Dank der modernen Telekommunikation kriegt keiner mit, wo ich bin, und der ganze Tag gehört danach mir.” Obwohl die Ehe seit dem letzten Jahr geschieden ist. „Glücklich geschieden”, präzisiert sie, denn die Familie versteht sich weiterhin prächtig. Tochter Julia, inzwischen zwölf, wächst zweisprachig auf und geht in Vancouver zur Schule – und diesen Sommer kommt sie zur Mutter nach Köln auf die englische Schule. „Dann möchte ich Spielräume haben; deswegen habe ich meine Management-Tätigkeit ausgebaut. Da bin ich flexibler.” Was sie nicht hindert, auch weiterhin für Gala-Veranstaltungen der Industrie die Künstler zu organisieren.
Die Frage darf erlaubt sein, wie sie mit dem Streß umgeht. „Streß?”, fragt sie zurück. „Ich krieg’ das nicht mit; das ist halt mein Leben. Streß kriegt man nur, wenn man ja sagt, obwohl man nein meint.”
Text: Joachim Römer•
Fotos: Jürgen Wittke
Aus: Markt & Wirtschaft

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